Sonntag, 29.07.2007

Mülheim im Urlaub

Friedlich feierten über 6000 Besucher beim ersten Ruhr-Reggae-Summer im Ruhrstadion und dem Naturbad.

Auch wenn es sich finanziell nicht gelohnt hat, wollen die Veranstalter nächstes Jahr wieder an den Start

Vor dem Ruhrstadion bohrt sich der Bass in den Boden. Die Füße vibrieren. Rundherum parken blumenverzierte Bullys und Wohnmobile, im Klappstuhl lassen Besucher den Samstagabend langsam anlaufen. Aber nur, um später umso ausgelassener zu feiern. Zum ersten Mal veranstaltete die Wuppertaler Event-Agentur U-Concert zusammen mit dem Beachside-Club das Ruhr-Reggae-Summer-Festival im Ruhrstadion und dem Naturbad. Bis Samstagabend gingen 6300 Tickets weg. Von negativen Vibrations war trotz Regen nichts zu spüren.

Reggae-Freunde feiern am liebsten barfuß. Auf einer weißen Plastikplane kann man das am besten, die schont Rasen und Füße. Weiter hinten liegen Paare auf der Plane, Kinder mit Rastazöpfen essen Würstchen und Crèpes. Das Wetter hält noch und die Stimmung ist (aus)gelassen. An den Ständen hinten im Stadion baumeln Jamaika-Ketten neben Bob-Marley-Fahnen und Holztrommeln. Mülheim im Urlaub.

Vorn vor der Bühne vibriert es aus den Boxen. Jahcoustix und Band lassen ihre Rastalocken fliegen. Mit Klassikern und eigenen Songs bringt er die Leute zum Tanzen, einige hocken im Schneidersitz dazwischen und nicken lässig mit. Die meisten hüpfen, halten ihre Hände Richtung Himmel und schwenken im Takt.

Auch Mara Herzogenrath und Matthias Bovens swingen kräftig mit. Vor allem wegen Mark Foggo sind die beiden gekommen. "Und der war echt super", findet Mara. So was habe im Ruhrgebiet gefehlt, ein vergleichsweise kleines Festival mit dem Charme eines Großen. "Das Fest tut der Stadt gut, und wir fänden es super, wenn´s jedes Jahr stattfinden würde." Das wird es wohl, denn laut Veranstalter soll der Reggae-Summer auch nächstes Jahr wiederkommen. Auch wenn es sich finanziell nicht rentiert habe, die Kosten schwer einzuschätzen sind.

Viele Besucher fanden den Eintrittspreis von 25 Euro zu hoch, zumal es Karten für einen Abend nicht gab, vergünstigte Tickets für 15 Euro nur bis zum 20. Juli. Das lässt die Stimmung aber nicht sinken, zwischen den Auftritten bringt ein alter Bekannter die hüpfende Menge wieder auf den Boden. Andrew Murphy, alljährlicher Moderator des Summerjams, greift gerne selbst zur Gitarre: "No woman no cry", "One love", "Three little Birds". Jeder kennt´s, jeder singt mit, wie im eigenen Wohnzimmer. Etwas ruhiger geht´s im Beachside zu. Man chillt zu Dub und Roots von PowPow Movement, Royal Fire oder One Mission, an der Bar gibt´s Caipis und Cocktails. "Für die Gastronomie hat es sich aber nicht gelohnt, da die Leute nur in den Pausen rüberkommen", sagt Betreiber Michael Vogel. Trotzdem: "Das Fest soll sich etablieren."

Die meisten zieht´s wieder zurück, durchs Bad, an Palmen und Pommesstand vorbei, rein ins Ruhrstadion. Das Dancehall-Duo Mono und Nikitaman steht schon am Start, der Beat geht in die Beine. Die Menge springt, schwenkt Jamaika-, Che Guevara-, Deutschland-Flaggen - die kleine Reggae-WM. Sogar ein mutiger Stagediver lässt sich von der Masse tragen. Besser geht´s nicht. Und auch die Künstler empfinden das so: "Die Leute sind gut abgegangen, das Festival hat die Chance, in den nächsten Jahren richtig groß zu werden", meint Nick Tilstra, alias Nikitaman, der sich nach seinem Auftritt mit einem Bier am T-Shirt-Stand abkühlt. Bis in die vernieselte Nacht feierten die Fans mit Nosliw&The Magnetics weiter. Reggae macht eben auch im Regen Spaß.

Bilder vom Festival Seite 5 Diashow und Forum: www.waz.de/muelheim

29.07.2007    Von Kristina Mader

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