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Summer-Feeling im Tunnel-Zelt: (v. l.) Philipp, Maike, Krishan und Gloria kamen bereits Donnerstagabend bestens vorbereitet mit Flagge und Verpflegung nach Mülheim. Fotos: WAZ, Ilja Höpping Festival-Premiere in den Ruhrauen: Esther und Nico reisten aus Witten mit minimalstem Gepäck an.
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Das Festival "Ruhr Reggae Summer" startete gestern im Naturbad und im Ruhrstadion: Viele Fans reisten bereits am Donnerstag an und schlugen 800 Zelte in den Styrumer Ruhrauen auf
Der Seitenblick muss sein. Kaum ein Autofahrer der da nicht runterbremst, viel langsamer als sonst über die Raffelbergbrücke fährt und nach links guckt. Oder nach rechts. Denn dort, wo sonst Kühe grasen, ist in beide Richtungen so weit man gucken kann eine Zeltstadt gewachsen. Rund 800 Reggae-Fans campieren an diesem Wochenende in den Styrumer Ruhrauen.
Um den Eingang zum Zeltlager zum "Ruhr Reggae Summer" zu finden, muss man nur der Einkaufswagen-Parade folgen. Camper sind eben Selbstversorger. Mit Getränken, Konservendosen, Snacks und Zigaretten decken sich viele noch schnell beim Discounter um die Ecke ein. Der Inhaber mag sich über den Umsatzzuwachs freuen, die Einkaufswagen allerdings werden in der Filiale wohl rar. Aufs Gelände dürfen die aber nicht mitgenommen werden. Auch Glasflaschen und Grills sortieren die Ordner in den neongelben Westen gnadenlos aus. Die Festival-Zelter nehmen es locker. Sie zeichnen sich scheinbar grundsätzlich durch eine entspannte Lebenseinstellung aus.
Die Autos donnern oben über die Autobahnbrücke, sorgen für ein dauernd dumpfes Dröhnen, doch das stört unten im Zeltdorf nicht. Kleine, spitze Varianten wurden aufgeschlagen, aber auch die Großraum-Iglu-Version für das Luxus-Campen. Im Kreis stehen viele Zelte, oft um einen Pavillon herum gruppiert, ein regensicherer Treffpunkt in der Mitte. Grün-gelb-rote Tücher, Jamaika-Flaggen und Fahnen mit dem Portrait des berühmtesten Rastafari Bob Marley flattern da im Wind, Stereoanlagen dudeln und auch vom benachbarten Naturbad, dessen Rettungs-Turmspitze über eine trennende Mauer zu sehen ist, ist Reggae zu hören.
Esther und Nico waren dort schon schwimmen. "Saukalt" war das Wasser, aber dennoch "bei dem Wetter genau richtig". Die nassen Badetücher haben sie über ihr orange-blaues Zelt drapiert. Das ist minimalistisch, die Zwei-Mann-Version. "Wir sind mit dem Zug aus Witten gekommen, da konnten wir nicht so viel mitnehmen", erklärt der 19-jährige Nico. Überhaupt ist es das erste Festival für beide. Bei der Premiere gab es zwar leichte Planungs-Probleme, aber sie fühlen sich wohl in A40-Nähe. "Nur die Lastwagen-Fahrer nerven ein bisschen. Die müssen immer hupen", sagt Esther. Nach der ersten Nacht unter der Brücke haben sie sich aber daran gewöhnt: "Mit der Zeit hört man das nicht mehr". Jetzt zählen sie die Stunden bis das Festival startet. Rund eineinhalb sind es noch, bis die erste Band die Bühne betritt: "Das wird super. Wir freuen uns voll."
Gleiches gilt für Stephan. "Nosliw" will er am liebsten sehen. Der tritt erst am Samstag auf, doch die Wartezeit wird Stephan nicht lang werden. Am Klapptisch sitzt er zusammen mit seinen fünf Freunden, die ersten Dosen-Ravioli sind aus dem Gemeinschafts-Topf vertilgt, ein paar Dosenbierchen schon geleert. Donnerstagabend um 18 Uhr, pünktlich zur Platzeröffnung, kamen sie samt Zelten an. Die Aufwärm-Party im Beachside nahmen sie gleich mit und sind seitdem begeistert. "Das war ganz geil, mit dem Sand und allem", findet Collin. Auch die erste Nacht im Zelt haben die Wassenberger gut überstanden. "Das war alles in Ordnung", bewertet Carmen. Die anderen nicken. Sie müssen es wissen, immerhin sind sie camping- und festivalerfahren.
Genau wie Philipp, Gloria, Maike und Krishan. Mit den Zeltseilen haben sie ihr Stück Wiese abgetrennt in dem sie nun entspannt liegen, eine grün-gelb-rote Fahne weht über ihrem Grundstück. Bestens ausgerüstet sind die vier. Verpflegung haben sie reichlich dabei, Decken, Handtücher, Badezeug und auch Utensilien für Fortgeschrittene, wie einen Aschenbecher. "Abfalltüten haben wir hier ja bekommen", sagt Maike. Vom Streit im Vorfeld hat sie nichts mitbekommen, vielmehr findet sie die blauen Miet-Müllsäcke "praktisch". So einfach kann es sein mit entspannter Reggae-Gelassenheit.
27.07.2007 Von Julia Damm
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